Dank der Forschungen von Prof. Christian Schubert aus Innsbruck zur Psychoneuroimmunologie (PNI) weiß man um die engen Zusammenhänge zwischen dem Immunsystem, dem Nervensystem und der Psyche.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass die gleichen Stoffe, die das Immunsystem stärken auch die psychische Stabilität unterstützen. Um diese Stoffe soll es im Folgenden gehen.
Im Herbst nehmen Erkältungserkrankungen und Virusinfektionen wieder zu. Die Tage werden kürzer, die Sonne steht tiefer und wie halten uns nicht mehr so viel im Freien auf wie im Sommer. Das macht uns anfälliger, auch für Stimmungsschwankungen.
Schauen wir uns an, was dem Immunsystem hilft, schlagkräftiger zu werden. Dabei bitte beachten: Die Stoffe verhindern keine Infektion, sondern sie helfen dem Körper, schneller und besser damit fertigzuwerden. So kann die Erkrankungsdauer verkürzt und die Schwere der Erkrankung abgemildert werden. Im besten Falle bemerkt man die Infektion gar nicht.
Da das Immunsystem und die Psyche so eng miteinander verbunden sind, kann eine simple Erkältung auch eine Stimmungsschwankung verursachen oder diese verstärken. Genauso wie andersherum eine psychische Belastung, z. B. der Stress nach dem Urlaub, das Immunsystem schwächt und man sich leichter ansteckt.
Vitamin C
Die Ascorbinsäure ist der Klassiker unter den Mitteln bei Erkältungen, weil Vitamin C essentiell für die Funktion unserer Immunzellen ist. Hinzu kommt:
- Nahezu die Hälfte der Menschen erreicht keine ausreichenden Vitamin-C-Spiegel, weil sie unter 200 mg pro Tag zuführen. [1]
- Vitamin C verkürzt die Erkältungszeit und lindert die Symptome. [2]
- Vitamin C spielt im Zentralnervensystem (ZNS) eine entscheidende Rolle
- Die Steroidhormonsynthese braucht Vitamin C, ein chronisch niedriger Cortisolspiegel kann einem Vitamin-C-Mangel geschuldet sein. [3] Die höchsten Konzentrationen von Vitamin C im Körper sind im Gehirn und im neuroendokrinen Gewebe zu finden.
- Es ist ein Neuromodulator der glutamatergen, cholinergen, dopaminergen und γ-Aminobuttersäure (GABA)-ergen Neurotransmission. Das heißt nichts anderes, als dass Vitamin C die Produktion und die Arbeitsweise der für die Stimmung und den Antrieb wichtigen Neurotransmitter beeinflusst.
- „Da neurologische Erkrankungen durch eine erhöhte Bildung freier Radikale gekennzeichnet sind, […] liegt die Vermutung nahe, dass Vitamin C den Verlauf neurologischer Erkrankungen verändern und eine potenzielle therapeutische Rolle spielen könnte“ [4]
- Vitamin C unterstützt und strukturiert die Neuronen und ist an Prozessen wie Differenzierung, Reifung und Überleben der Neuronen beteiligt. [5]
Zink
Zink hat im Immunsystem nahezu überall seine Finger im Spiel.
- Zink ist an über 200 verschiedenen Stoffwechselprozessen beteiligt und ist ein Alleskönner. Zink ist Cofaktor vieler antioxidativer Enzyme, darunter die Superoxid Dismutase (SOD).
- Zinkmangel ist ein starker Treiber für mehr und stärkere Infekte, aber vor allem auch eine höhere Sterblichkeit (z.B. in Entwicklungsländern). [6]
- Hohe Zinkgaben (z.B. 50 mg am Tag) scheinen vor allem die Schwere von Infekten – etwa bei Covid – erheblich zu reduzieren. [7]
- Extra-Zink-Gaben schützen vor tiefen Atemwegserkrankungen (z.B. Lungenentzündung), vor allem bei Kindern. [8]
- Es ist entscheidend für die Eiweiß-Synthese. Selbst wenn man viele Proteine, also Aminosäuren aufnimmt, reicht das allein nicht aus. Es braucht Zink sowie Vitamin B3, B6 und Magnesium, damit z.B. aus der Aminosäure Tryptophan das natürliche Antidepressivum Serotonin gebildet werden kann.
- Auch Angst und Panikattacken verstärken sich bei Zinkmangel.
- Fehlt Zink kann die Psyche nicht richtig funktionieren.
selen
In Deutschland wird die Bedeutung von Selen trotz schlechter Versorgung noch immer verkannt. Dabei reguliert Selen wichtige Schlüsselproteine des Immunsystems.
- Selenmangel erhöht die Mutationsraten von Viren im Körper und macht uns zu lebenden Brutkästen und Virenschleudern. [9]
- Menschen, die an Covid starben, wiesen verringerte Selenspiegel auf – sagen Studien an der Universität Heidelberg und der Charité. [10]
- Selen schützt vor allem auch durch Entzündungshemmung. [11] Das ist wichtig auch für das Gehirn!
- Ohne Selen und Jod kann die Schilddrüse nicht ausreichend Hormone herstellen. Arbeitet die Schilddrüse zu träge, fährt der Stoffwechsel auf Sparflamme und der Mensch kämpft mit Müdigkeit, schneller Erschöpfung und Antriebslosigkeit.
- Die Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion ähneln denen einer Depression, deshalb sollte man immer prüfen, ob die Schilddrüse korrekt arbeitet.
- Selen und das Transportprotein Selenoprotein P sind Cofaktoren der Glutathion-Peroxidase, die für die Bekämpfung von oxidativem Stress benötigt wird. Oxidativer Stress macht Entzündung. Entzündung macht Depression und bipolare Störung. [12]
Vitamin D
Die deutsche Bevölkerung ist noch immer mit Vitamin D unterversorgt, insbesondere in der dunklen Jahreszeit, die bereits im Herbst beginnt.
- Die regelmäßige Vitamin D Einnahme senkt das Risiko von Atemwegserkrankungen um 70 % – Ergebnis aus der wohl größten Studie zum Thema. [13]
- Vitamin D ist an über 1.000 Stoffwechselprozessen beteiligt, mit anderen Worten: Fehlt es oder ist die Versorgung nicht ausreichend, können mehr als 1.000 Prozesse nicht korrekt ablaufen. Einer davon ist eine stabile Stimmungslage.
- Vitamin D hält einerseits die Serotoninkonzentration in der extrazellulären Flüssigkeit des Gehirns aufrecht und andererseits hemmt es die Wiederaufnahme und den Abbau im synaptischen Spalt. Auf diese Weise kann ein optimaler Vitamin D-Spiegel zur Verbesserung des Serotoninstoffwechsels beitragen, der wiederrum für Stimmungsschwankungen mitverantwortlich gemacht wird. [14]
- Deshalb kann man Vitamin D als „natürliches Antidepressivum“ bezeichnen.
- Bruce Ames, der meistzitierte Biochemiker der Welt, hat in seiner Arbeit aus dem Jahr 2015 [15] die Synergie zwischen Vitamin D und den Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA beschrieben und festgestellt, dass diese Synergie das Verhalten von Menschen u.a. mit Bipolarer Störung entscheidend beeinflusst. Hohe Spiegel führen zu normalem Verhalten, niedrige zu pathologischem.
Eisen
Eisen ist ein wichtiger Cofaktor des Immunsystems. T-Zellen sind beispielsweise auf Eisen angewiesen, um genug Energie produzieren zu können.
- Eisenmangel gilt als großer Risikofaktor für viele Infekte und auch schwere Infektionen.
- Störungen im Eisenhaushalt sind eng mit Long-Covid assoziiert.
- Eisen scheint bei Corona vor schweren Infektionsverläufen zu schützen. [16]
- Eisenmangel ist eine der am weitesten verbreiteten Mangelerscheinungen und betrifft ca. 30 % der Weltbevölkerung. In Deutschland haben geschätzt ca. 2 % der Männer und 5 % der Frauen sogar eine Eisenmangelanämie. [17]
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Hinweise auf einen Eisenmangel können folgende unspezifische Symptome sein. Blässe, Infektanfälligkeit, Müdigkeit, Mundwinkelrhagaden, Muskelschwäche. [18]
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Ohne Eisen kann kein Sauerstoff im Blut transportiert werden, denn es bindet den Sauerstoff an sich. Eisen- und Sauerstoffmangel machen blass, schlapp und müde. Diese Symptome kennen auch Depressive.
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Eisen ist ein notwendiger Cofaktor bei der Bildung des Neurotransmitters Dopamin, der für unseren Antrieb verantwortlich ist. Zu wenig Eisen – zu wenig Dopamin – zu wenig Antrieb.
Taurin
Taurin ist ein echter Superstar des Immunsystems. Es hilft den Immunzellen zum Beispiel, das für Krankheitskeime giftige N-Chlortaurin zu produzieren.
- In-vitro ist N-Chlortaurin „hochgradig effektiv gegen Atemwegserreger“. [19]
- Hohe Taurinspiegel bei Covid-Patienten sind mit einem starken Schutz vor schlechten Verkäufen assoziiert. [20]
- Eine Taurinergänzung rund um Operationen verringerte das allgemeine Infektionsrisiko um 40 %. [21]
- Taurin ist eine für Bipolare besonders interessante Aminosäure. Der Körper kann sie aus Methionin und Cystein selbst herstellen, aber auch hier reicht die Eigensynthese nicht aus. Ripps & Shen nennen sie „eine sehr essenzielle Amino(sulfon)säure“. [22]
- Taurin sorgt in den Mitochondrien dafür, dass sich im wässrigen Milieu ein optimaler pH-Wert einstellt, der die Voraussetzung dafür ist, dass die Enzyme des Citratzyklus richtig arbeiten können. Die Mitochondrien sind die Energiezentralen der Zellen. Ohne gut funktionierende Mitochondrien fehlt die nötige Energie für den Antrieb und die gute Stimmung.
- „Taurin ist enorm wichtig für das Gehirn, fungiert als Neurotransmitter, ist ein potentes Antioxidans (hemmt oxidativen Stress), unterstützt die Entgiftung (Schwermetalle), moduliert den Lipid-Stoffwechsel, schützt die Zellen (zytoprotektiv), reguliert die Gesundheit der Retina, die Entwicklung des Nervensystems und die Bildung von Galle. Taurin, das weiß man heute, ist essenziell für die mitochondriale Funktion (insbesondere den oxidativen Stoffwechsel). Ein Mangel induziert mitochondriale Dysfunktion. Daher wundert es nicht, dass Taurin vor allem in solchen Geweben vorkommt, wo der oxidative Stoffwechsel sehr dominant ist (z. B. im Herz, im oxidativen Skelettmuskel, in der Leber etc.)“. [23]
- Der Mensch kann Taurin in begrenztem Umfang selbst herstellen. Seine Vorräte kann er gut konservieren, aber ohne eine Aufnahme von außen reichen die Spiegel nicht aus.
- In einer Studie aus dem Jahr 2023 stellten die Forscher der Columbia Universität fest, dass der Tauringehalt bei Mäusen, Rhesusaffen und Menschen im Alter abnimmt. Wurde den Tieren Taurin gegeben, verbesserten sich diverse Parameter, u.a. auch depressive und ängstliche Verhaltensweisen. Zusammenfassend stellten die Autoren fest: Die Tiere lebten nicht nur länger, sie waren auch gesünder. [24]
- Taurin ist fast nur in tierischen Lebensmitteln zu finden, solche sind z.B.: Jakobsmuscheln, Fleisch, Geflügel und Käse.
- Wer einen Mangel an den Aminosäuren Cystein und Methionin hat, kann auch einen Taurinmangel bekommen. Denn um Taurin zu bilden, benötigt der Körper diese beiden Aminosäuren. Die eigene Versorgung kann man durch ein Aminogramm feststellen.
proteine und aminosäuren
Protein und seine kleinsten Bausteine, die Aminosäuren, spielen eine maßgebliche Rolle im Immunsystem, denn sie sind u.a. auch die Bausteine für Antikörper. Sie sind aber auch die Bausteine für alle Neurotransmitter.
- Eine Verdopplung der Proteinzufuhr bei Sportlern (von 1,5 g auf 3 g pro Kilogramm Körpergewicht) schützte vor Atemwegsinfekten. [25]
- Bei alten Menschen senkt eine Ergänzung der essentiellen Aminosäuren das Infektionsrisiko um 30 %. [26]
- In einer Studie heißt es, es gebe immer mehr Belege dafür, dass Aminosäuren den Immunstatus verbessern und damit die Erkrankungen und die Sterblichkeit verringern – vor allem trifft das auf Arginin, Glutamin und Cystein zu. [27]
- Die essenziellen Aminosäuren müssen wir essen. Es gibt sie in der Natur aber nicht einzeln, sondern als komplexe Gebilde, die wir Fleisch, Fisch, Eier oder Hülsenfrüchte und Nüsse nennen. Wir müssen Proteine nicht wegen der Proteine essen, sondern wegen der Aminosäuren, um Gehirnmasse, Organe, Muskelmasse usw. aufzubauen.
- In einer Studie aus dem Jahr 2021 wollten Forscher herausfinden, ob eine Supplementierung mit essenziellen Aminosäuren das Gehirn älterer Menschen vor Demenz schützen könne. Sie konnten nachweisen, dass „eine eiweißarme Ernährung zu einer herunterregulierten Expression synaptischer Komponenten“ [28] führt. Das heißt nichts anderes, als dass auch die Synapsen auf eine ausreichende Eiweißzufuhr angewiesen sind.
- In meinen beiden Büchern habe ich die große Bedeutung der Aminosäuren für eine stabile Stimmung ausführlich beschrieben. Jeder Betroffene sollte wissen, wie gut er mit Methionin, den BCAA, Lysin, Phenylalanin, Tyrosin, Tryptophan, Threonin, Arginin, Taurin, Histidin und Glycin versorgt ist.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen anhand der ausgewählten Stoffe verdeutlichen, dass Bestandteile unserer Ernährung nicht nur das Immunsystem unterstützen, sondern auch der Psyche guttun.
Quellen:
Als Quelle habe ich einen Instagram Beitrag von Chris Michalk genutzt, den Sie hier nachlesen können: Instagram Chris Michalk. Chris Michalk betreibt die Webseite „edubily“ und „genetisches Maximum“. Ich lese diese regelmäßig, weil hier biologische und biochemische Sachverhalte anschaulich erklärt werden.
Weitere Quellen:
[1] PMID: 34836166
[2] PMID: 34967304, 38082300
[3] https://genetisches-maximum.de/vitamine/ueber-vitamin-c – letzter Abruf am 01.10.2023
[4] PMID: 28654017
[5] PMID: 28600627
[6] PMID: 12730449
[7] PMID: 36367144
[8] PMID: 32319538
[9] PMID: 32992282
[10] PMID: 32708526
[11] PMID: 36405547
[12] Oehlschläger, Annett: Stabilität kann man leben, S. 168
[13] PMID: 28202713
[14] PMID: 30008960
[15] PMID: 25713056.
[16] PMID: 23595586
[17] Classen H.-G., Birkelbach D. Giftung und Entgiftung: Die Rolle von Eisen und Zink. OM – Zs.f.Orthomol. 2023;21:9-14
[18] Gröber U: Stoffwechsel-Tuning mit Mikronährstoffen: die Basis der Prävention OM – Zs. f. Orthomol. Med. 2009; 4: 16–19 DOI: 10.1055/s-0029-1240537
[19] PMID: 35418279
[20] PMID: 38837993
[21] Ref.: Ho, K.M. et al. (2024)
[22] PMID: 23170060
[23] Michalk, Chris in: https://genetisches-maximum.de/paleo/paleo-low-carb-vegan-das-beste-ernaehrungskonzept
[24] https://www.sciencedaily.com/releases/2023/06/230608195654.htm
[25] PMID: 24120932
[26] PMID: 20934757
[27] PMID: 17403271
[28] Hideaki Sato et al., Neurodegenerative processes accelerated by protein malnutrition and decelerated by essential amino acids in a tauopathy mouse model.Sci. Adv.7,eabd5046(2021).DOI:10.1126/sciadv.abd5046