Psychopharmaka gehören zu den am häufigsten angewendeten Medikamenten in Deutschland. Sie lassen sich in vier Wirkstoffgruppen einteilen:

  • Stimmungsaufheller (andere Bezeichnung: Antidepressiva)
  • Nerven dämpfende Mittel (andere Bezeichnung: Neuroleptika, Antiepileptika oder Antipsychotika) Zu dieser Gruppe werden im weiteren Sinne auch die Stimmungsstabilisierer gerechnet.
  • Beruhigungsmittel (andere Bezeichnungen: Sedativa, Tranquilizer, Schlafmittel / Hypnotika , Angstlöser / Anxiolytika)
  • Nerven anregende Mittel (andere Bezeichnung: Psychostimulanzien)

Stimmungsaufheller bzw. Antidepressiva

Stimmungsaufheller bzw. Antidepressiva werden vor allem bei depressiven Erkrankungen, aber auch bei der bipolaren Störung, bei Angst-, Schlaf- und Essstörungen verordnet. Sie gehören unter den Psychopharmaka zu den am häufigsten verordneten Medikamenten, weil sie u.a. auch bei Schmerzsyndromen oder klimakterischen Beschwerden eingesetzt werden.

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    Wirkmechanismus: Sie wirken vor allem im Zwischenraum zwischen zwei Nervenzellen, dem sogenannten synaptischen Spalt, und beeinflussen die Verweildauer des Neurotransmitters Serotonin. Die Neurotransmitter-Mangelhypothese besagt, dass je länger die Neurotransmitter im Spalt bleiben, umso mehr Signal übertragen werden kann. Mehr Signal im Spalt macht bessere Signalübertragung von Serotonin und damit auch bessere Stimmung.

    Nervendämpfende Mittel bzw. Neuroleptika / Antiepileptika / Antipsychotika

    Nerven dämpfende Mittel bzw. Neuroleptika / Antiepileptika / Antipsychotika werden zur Behandlung von epileptischen Anfällen (daher die Bezeichnung „Neuroleptika“ oder „Anti-Epileptika“) und bei psychotischen Syndromen (daher die Bezeichnung „Anti-Psychotika“) eingesetzt. Letzteres sind Krankheitsbilder, die z.B. als Manie, Schizophrenie und schizoaffektive Störung bezeichnet werden. 

    Auch bei psychomotorischer Unruhe (der Arzt nennt das „Agitiertheit“), verschiedenen neurologischen Erkrankungen (z.B. der Demenz oder Parkinson), manchmal aber auch bei der Depression werden diese Mittel ebenfalls verwendet. Je nach Definition werden auch die Stimmungsstabilisierer, die am häufigsten bei der bipolaren Störung eingesetzt werden, zur Gruppe der Neuroleptika gezählt.

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    Wirkmechanismus: Jede Aktivität des Gehirns beruht auf Reizen, die sich in jeweils bestimmten Bereichen über Schaltstellen (Synapsen) mittels Überträgerstoffen (Neurotransmitter, z. B. Dopamin) ausbreiten. Die Seite des ankommenden Reizes bezeichnet man als „präsynaptisch“. Den weiterleitenden Teil der Synapse bezeichnet man als „postsynaptischen Rezeptor“.

    Die seit mehr als 50 Jahren existierende Dopamin-Hypothese besagt, dass es in akuten Phasen zu einer erhöhten präsynaptischen Dopamin-Produktion und Dopamin-Ausschüttung kommt.

    Um Nerven zu dämpfen, versucht man Dopamin, den Botenstoff, der hauptsächlich für den Antrieb verantwortlich ist, zu blockieren bzw. das Andocken des Dopamins am Dopaminrezeptor zu verhindern.

    Das kann man sich wie bei einem Schloss vorstellen. In ein Schloss passt genau der eine dafür gemachte Schlüssel. Ist das Schloss zum Beispiel mit einem Kaugummi verklebt bzw. ist der Rezeptor durch einen anderen Stoff, z.B. ein Medikament besetzt, kann das körpereigene Dopamin (der Schlüssel) nicht mehr andocken und somit auch keine erregende Wirkung entfalten.

    Beruhigungsmittel

    Beruhigungsmittel werden vor allem bei Schlaf- und Angststörungen sowie bei Erregungszuständen und Unruhe eingesetzt, wie z.B. den unruhigen Beinen (Restless-Leggs-Syndrom). Sie dämpfen die Funktionen des zentralen Nervensystems. In der Psychiatrie werden häufig Mittel aus der Gruppe der Benzodiazepine eingesetzt.

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    Wirkmechanismus: Um die beruhigende, schlaffördernde, entspannende und angstlösende Wirkung zu erreichen, aktivieren diese Medikamente vor allem den wichtigsten hemmenden Neurotransmitter des Gehirns: die GABA (Gamma-Amino-Buttersäure). Sie „gaukeln“ den Nervenzellen eine erhöhte GABA-Konzentration vor, als tatsächlich vorhanden.

    Deshalb haben sie einen Gewöhnungseffekt und ein hohes Abhängigkeitspotential. Etwas 20 % aller Neuronen des Gehirns produzieren GABA. Ohne diesen Botenstoff könnten wir nicht zur Ruhe kommen.

    Psychostimulanzien

    Psychostimulanzien sind antriebssteigernde Substanzen, die kurzfristig auch die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit erhöhen. Dazu gehören im weitesten Sinne u.a. auch Genussmittel wie Kaffee und Tee. Als Medikament werden am häufigsten die so genannten Amphetamin-Derivate, z.B. Ritalin zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) verwendet.

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    Wirkmechanismus:Viele Psychostimulanzien gehören zur Gruppe der Amphetamine, die Nervenzellen, die die Neurotransmitter Dopamin und Noradrenalin verwenden, aktivieren. Dazu wird die Wiederaufnahme von Dopamin und Noradrenalin aus dem synaptischen Spalt gehemmt und gleichzeitig die Freisetzung von Dopamin gesteigert. Auf diese Weise sorgen sie dafür, dass diese Botenstoffe verstärkt zur Verfügung stehen.

    Unerwünschte Wirkungen auf den Stoffwechsel lassen sich nicht gänzlich vermeiden

    Jedes Medikament hat Wirkungen auf den Körper. Das ist ja auch gewollt und der Grund, warum man diese überhaupt nimmt. Man erhofft sich eine Verbesserung von Leiden. Da der Stoffwechsel sehr komplex ist und viele Regelkreise sich gegenseitig beeinflussen, gibt es kein Mittel, das nur eine einzige erwünschte Wirkung hat. Selbst Wasser in großen Mengen getrunken, kann schädigend wirken.

    Beim Einsatz von Medikamenten geht es im Sinne der Patienten stets darum, einen Stoff zu finden, die für die Menschen mit einer psychischen Erkrankung möglichst viele erwünschte bei gleichzeitig möglichst wenig unerwünschten Wirkungen hervorbringen.

    Unerwünschte Wirkungen, die umgangssprachlich als „Nebenwirkungen“ bezeichnet werden, lassen sich nicht gänzlich vermeiden. Es muss immer abgewogen werden, ob deren Nutzen größer ist als der Schaden, der ggf. entstehen kann. Das ist einer der Gründe, warum Medikamente nur von einem Arzt verschrieben werden dürfen, denn er trägt die Verantwortung dafür, dem Patienten fundierte Empfehlungen zu geben.

    Ein Medikament ist ein fremder Stoff, den der Körper aufnehmen, verarbeiten und auch wieder abbauen und ausscheiden muss. Es ist immer erst einmal ein „Störfaktor“, der das ganze System zu einer Reaktion zwingt. Diese Anpassungsreaktion kann dazu beitragen, dass sich Regelkreise wieder einregulieren und der Mensch nicht mehr leidet.