Über den Autor
James Greenblatt ist einer der Pioniere auf dem Gebiet der integrativen Medizin mit einer über 25-jährigen Erfahrung in der Behandlung von Patienten mit psychischen Erkrankungen. Er ist medizinischer Leiter der Walden Behavioral Care in Waltham, Massachusetts und Professor am Medical School Department of Psychiatry und Dartmouth College Department of Psychiatry.

 

Lithium ist vielseitig ‐ Akku, Medikament und Nahrungsergänzungsmittel
Wer den Begriff „Lithium“ hört, denkt wahrscheinlich zuerst an den Lithium‐Ionen Akku, der heutzutage in fast allen Handys verbaut wird, weil dadurch der Memory‐Effekt beim Aufladen nicht auftritt. Schon etwas bekannter, aber meist nur in psychiatrischen Kreisen, ist es als Medikament.
Die an der Cornell University lehrende Psychiaterin Anna Fels hat es als „Cinderella drug“, also als „Aschenputtel“‐Medikament bezeichnet. Lithium als natürliches Mineral dagegen ist kaum bekannt.
Das im Folgenden vorgestellte Buch ist lesenswert für Menschen, die mit Lithium behandelt werden, aber auch für solche, die an den im Untertitel genannten Symptomen oder Krankheiten leiden. Lange Zeit gab es diese Informationen nur in für Laien schwer zugänglicher Fachliteratur zu lesen.
Der Autor, James Greenblatt, selbst Psychiater, Leiter einer Privatklinik und Dozent für Psychiatrie an der Tufts University, Massachusetts, beschreibt in seinem Buch, welches enorme Potential Lithium hat. Sein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Einsatz von Lithium in niedrig dosierter Form als Nahrungsergänzungsmittel. Er erklärt aber auch, wie das Medikament Lithium wirkt – und das ist für Menschen, die psychische oder neurologische Krankheiten haben, sehr aufschlussreich.

Lithium verfügt über ein enormes Potenzial
In unseren modernen Zeiten, in denen neurodegenerative und psychische Erkrankungen wie Demenz, Parkinson, bipolare Störungen, ADHS, Sucht, Angststörungen, Aggressivität oder Depressionen ständig zunehmen, kann niedrig dosiertes Lithium vielen Betroffenen helfen ‐ effektiv und nebenwirkungsfrei – so die Kernaussage des Autors, die er ausführlich und mit vielen Studienbelegen darlegt.
Lithium wird seit Mitte des 20. Jahrhunderts zur Behandlung bei bipolarer Störung, Manie oder Depressionen eingesetzt. Als verschreibungspflichtiges Medikament gilt es als „Goldstandard“ bei der Behandlung der bipolaren Störung. Diese etwas merkwürdig, nach Sport klingende Klassifikation, soll verdeutlichen, dass es viele Medikamente gibt, mit denen psychische Störungen behandelt werden, die aber unterschiedlich wirksam sind. Lithium gilt (nach wie vor) als das Wirksamste, deshalb Goldstandard! Es wirkt sowohl antidepressiv als auch antimanisch.
Professor Müller‐Oerlinghausen, Psychopharmakologe und ehemaliger Vorsitzender der Arzneimittelkommission, fand schon 1990 heraus, dass Lithium das Suizidrisiko senkt – das schafft in diesem Ausmaß kein anderes Medikament. Das Problem: Bei hoher Dosierung hat Lithium starke Nebenwirkungen.
James Greenblatt beschreibt,

  • dass bereits mit niedrig dosiertem Lithium, zum Beispiel in Form von Lithium‐Orotat, viel gesundheitsschonender eine wirksame Behandlung möglich ist
  • die Funktionsweise und den besonderen Stellenwert von niedrig dosiertem Lithium bei der Behandlung psychischer und neurodegenerativer Erkrankungen
  • welche Bedeutung das Spurenelement für unseren Organismus hat
  • wie unser psychisches Wohlbefinden durch die Zufuhr von Lithium ‐ etwa durch das Trinken besonders lithiumhaltiger Mineralwässer ‐ erhöht werden kann.

Endlich ein für Betroffene verständliches Buch über Lithium!
Wenn man heutzutage allerdings mit Betroffenen spricht, werden andere Medikamente viel häufiger verordnet als Lithium, z.B. Seroquel oder Lamotrigin. Es ist schon auffällig, warum wohl das wirksamste Mittel immer weniger verordnet wird. Die Ursache liegt wahrscheinlich in der Janusköpfigkeit von therapeutisch eingesetztem Lithium: Einerseits kann es insbesondere manische Zustände effektiv bekämpfen und nachweislich die Suizidgefahr reduzieren, andererseits kann es körperliche, teilweise irreversible Schäden verursachen. Da das Medikament schon seit den 50iger Jahren verwendet wird, gibt es keinen Patentschutz mehr und ist demzufolge für die Hersteller nicht mehr so gewinnbringend wie neuere Psychopharmaka. Das trägt sicher auch einen Teil dazu bei.

Folgende Nebenwirkungen können bei der Lithium-Einnahme in den Dosierungen, wie sie z.B. in Deutschland verordnet werden, auftreten:

  • Vergiftungen, die sogar lebensbedrohlich sein können (Anzeichen sind Tremor, Übelkeit und erhöhter Blutdruck)
  • Fehlfunktionen der Schilddrüse
  • Einschränkung der Nierenfunktionen
  • Muskelschwäche
  • Schlechtes Koordinationsvermögen
  • Tinnitus (Ohrgeräusche)
  • Sehstörungen
  • Gewichtszunahme

Sowohl für den Arzt als auch für den Patienten ist es daher wichtig, durch regelmäßige Blutspiegelkontrollen die Konzentration im Körper zu überwachen. Das ist aufwändig, denn der Lithiumspiegel muss in einem relativ engen Bereich liegen, damit eine Wirkung eintritt bzw. es nicht toxisch wird.

Der Autor schreibt, dass selbst Behandler oft nicht wissen, dass man einige Nebenwirkungen durch eine gehirngerechte Ernährung, die u.a. essenzielle Fettsäuren, wie die Omega‐3 Fettsäuren und Vitamin E sowie gehirnaktive Vitamine wie B12 und Folsäure enthält, entschärfen kann und dass z.B. Leinsamen‐Öl oder gemahlene Leinsamen bereits einen nebenwirkungssenkenden Effekt haben. Greenblatt begründet das so:

Das Gehirn arbeitet mit einer hohen Stoffwechselrate und verbraucht einen substanziellen Anteil aller aufgenommenen Nährstoffe. Es ist angewiesen auf Aminosäuren, Fette, Vitamine, Mineralien und Spurenelemente. Diese beeinflussen sowohl den Aufbau als auch die Funktion des Gehirns. Die Ernährung wirkt sich außerdem auf das Immunsystem aus, das in engem Zusammenhang mit der Stimmung steht. Das antioxidative Abwehrsystem ist auf Unterstützung durch Nährstoffe angewiesen, um Entzündungen und Gifte in Schach zu halten. Die Ernährung trägt außerdem zur neuronalen Plastizität und Reparatur, Schlüsselfunktionen für die psychische Gesundheit bei.“ (S. 23)

Neben einer kleinen Einführung mit dem Titel „Das missverstandene Mineral“ beschreibt der Autor, welches enorme Potential Lithium hat, wenn es niedrig dosiert eingesetzt wird. Er bezieht sich auf Studien über Lithium im Trinkwasser.

Ein niedriger Lithiumgehalt im Wasser korreliert mit höheren Raten mentaler und emotionaler Störungen. 1970 wurde in einer Forschungsstudie der Gehalt natürlich vorkommenden Lithiums im Trinkwasser von 27 Countrys in Texas untersucht und mit der Häufigkeit von Psychosen, Neurosen und Persönlichkeitsstörungen in bundesstaatlichen und nationalen psychiatrischen Krankenhäusern verglichen. … Die Autoren stellten einen deutlichen Trend fest: Je höher der Lithiumgehalt im Wasser, desto geringer die Rate psychischer Erkrankungen in dem betreffenden Country.“ Da diese Ergebnisse spektakulär waren, wiederholte man diese Untersuchungen in anderen Gebieten. „Studien über Lithium im Trinkwasser sind in Österreich, England, Griechenland und Japan durchgeführt worden. … Die in diesen Studien erhobenen Daten haben alle eine starke umgekehrte Korrelation zwischen Gewaltverbrechen und Suizid und einem höheren Lithiumgehalt im Trinkwasser bestätigt.“ (S. 36)

Mit anderen Worten: Selbst in geringen Dosen im Trinkwasser hat Lithium einen messbaren Effekt auf das seelische Wohlbefinden.
Übrigens war im Softdrink „7‐up“, der in den USA fast so verbreitet ist wie Cola, bis 1950 ausdrücklich und absichtlich Lithium. Damals hielt man nämlich viel von dem Mineral. Die Quelle „Lithia Springs, Ga, in den USA, bekannt für ihren hohen Lithiumgehalt, war bei den Ureinwohnern eine heilige Stätte. Sie wurde als Kurbad genutzt, u.a. von Mark Twain und Präsident Roosevelt. Daher auch der Produktname: das „Up“ deutet auf die stimmungsaufhellende Wirkung und die „7“ steht vermutlich für das abgerundete atomare Gewicht des Elements Lithium (6,9).

Die stimmungsaufhellende Wirkung kannten schon die alten Griechen. Als Psychopharmakon wurde es seit 1949 wieder entdeckt und wird noch immer eingesetzt.

Im Kapitel „Mit weniger mehr erreichen“ beschreibt Greenblatt, wie er auf die Idee kam, mit geringen Lithium Dosen zu forschen. Es war ihm aufgefallen, dass seine Kollegen ihr Augenmerk vor allem auf den Blutspiegel der Patienten richteten, aber weniger danach, ob und wann es zu einer Symptomminderung kam. Ihn störte, dass der „Blutspiegel“ wichtiger sein sollte, als das Befinden des Patienten. Deshalb wollte er herausfinden, ab welcher Dosis Lithium Symptome abschwächt, senkte die Dosis nach und nach immer weiter und kam letztendlich bei 5 bis 40 mg am Tag an. Die therapeutischen Dosierungen liegen zwischen 600 – 1200 mg am Tag.
Erfreulicherweise traten die oben beschriebenen Nebenwirkungen bei diesen geringen Dosen nicht mehr auf. Daraus entwickelte Greenblatt seine Strategie des niedrig dosierten, hoch wirksamen Lithiums vor allem mit Lithium‐Orotat als Nahrungsergänzungsmittel.
Greenblatt behandelt mit niedrig dosiertem Lithium‐Orotat Wut und Aggressivität, Stimmungsschwankungen bzw. affektive Störungen (bipolare und depressive Störungen), ADHS, Suchtmittelabhängigkeiten, Angst, Essstörungen, Demenz und Alzheimer und Kopfschmerzen oder Schilddrüsenüberfunktionen.

Jedem Krankheitsbild widmet er ein Kapitel und erläutert ausführlich, wie und warum Lithium wirkt.

Das Kapitel über bipolare Störungen und unipolare Depressionen ist für Betroffene besonders interessant. Hier findet man eine kurze, verständliche Erklärung zu den Ursachen für Manien und Depressionen sowie für die Wirksamkeit des Lithiums. Greenblatt spricht sich ausdrücklich dafür aus, niedrig dosiertes Lithium auch für die Behandlung schwerer Depressionen einzusetzen, u.a. als Ergänzung zu einem Antidepressivum.

Worauf ist die Wirkung von Lithium bei affektiven Störungen zurückzuführen?

  • Lithium verstärkt das serotonerge System.
  • Lithium wirkt auf das GSK‐3 Enzym (Eine Störung bei diesem Enzym ist an der Entstehung bipolarer Störungen und Depressionen beteiligt).
  • Lithium führt zu einer Zunahme der grauen Substanz im Gehirn.
  • Lithium schützt vor Entzündungen.
  • Lithium senkt das Suizidrisiko.

Seine Darstellungen münden im Kapitel „Integrative Psychiatrie“, indem er seine Vorstellung von einer orthomolekularen Psychiatrie beschreibt. Einer Psychiatrie, die die biochemische Individualität, also die einzigartige biochemische Signatur, die die Menschen unverwechselbar machen, in den Mittelpunkt stellt und die Menschen nach ihren (biochemischen) Bedürfnissen behandelt. Das heißt, die Nährstoffdefizite des Einzelnen zu ermitteln und sie zu korrigieren.

Demgegenüber ist die unausgesprochene Maxime der traditionellen Psychiatrie das Prinzip der Gleichheit. Individuen werden in symptomorientierte Störungsgruppen eingeordnet, die vom psychiatrischen Klassifikationssystem (DSM) vorgegeben werden, obwohl jeder von uns ein unverwechselbares Individuum mit einem einzigartigen biochemischen Profil ist.“ (S. 222)

Im vergangenen Jahrhundert hat man viel darüber geforscht, was verschiedene Nährstoffe für die Hirnzellen bedeuten und wie ein Mangel dieser Nährstoffe mit bestimmten Hirnfunktionsstörungen bei einzelnen Patienten zusammenhängt. Doch viele wichtige Forschungsergebnisse sind noch nicht in die medizinische Ausbildung eingeflossen. Als Medizinstudent war ich fasziniert vom Thema Ernährung und von der Möglichkeit, durch ernährungsbezogene Interventionen bestimmte Krankheiten zu verhindern oder zu behandeln. Doch Ernährung stand nicht auf dem Lehrplan. Ich schloss mein Medizinstudium als Psychopharmakologe ab, das heißt, ich wurde dazu ausgebildet, psychiatrische Probleme durch die Verschreibung von Medikamenten zu behandeln. Schließlich erkannte ich, dass viele psychiatrische Erkrankungen nicht in erster Linie psychische, sondern physiologische Probleme sind. Mir wurde klar, dass es von entscheidender Bedeutung ist, Nährstoffdefizite auszugleichen und dafür zu sorgen, dass meine Patienten angemessene Mengen an Vitaminen, Mineralstoffen, Aminosäuren und Fettsäuren aufnehmen, um eine gesunde Hirnfunktion wiederherzustellen und die Grundlage für eine langfristige Genesung zu schaffen.“ (S 223)

Lithium ist als Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland nicht erhältlich. Da es sehr preisgünstig ist, hat offensichtlich niemand Interesse daran, es auf den deutschen Markt zu bringen, denn z.B. in den USA kann man es in jedem Drug‐Store kaufen.
Aber auch in Deutschland kommt Lithium in natürlicher Form u.a. im Trinkwasser vor, nennenswerte Mengen allerdings nur in bestimmten Mineral‐ und Heilwässern, wie z.B. Heppinger oder Hirschquelle‐Heilwasser. Mein Lieblingsmineralwasser ist: “Staatlich Fachingen“. Es enthält 0,77 mg in einem Liter. Das ist zwar nicht sehr viel, aber besser als gar nichts. Wir nehmen das Mineral aber auch in Milch, Eiern, Fleisch und in pflanzlicher Nahrung auf.

Lithium ist auch für Nichtbetroffene ein „Super“‐Mineral, da es ein effektives und gut untersuchtes Mittel ist, um seine Neuronen am Leben zu erhalten, also ein Baustein für die Gehirngesundheit. Deshalb trinke ich jeden Tag ein lithiumhaltiges Mineralwasser.